touch_app
Digital

Virales Marketing — Der Wunsch nach Millionen Klicks

17. Dezember 2021
Arne Schuldt

Virales Marketing ist laut, verbreitet sich durch soziale Medien “sauschnell” und schafft weltweite Aufmerksamkeit. Schon seit Jahren wird es als Königsdisziplin der Marketing- und Kreativ-Branche bezeichnet und immer mehr Unternehmen hoffen auf den viralen Durchbruch. Doch ist Virales Marketing, auch Virus Marketing genannt, nicht zuverlässig genug, um Teil einer echten Marketing-Strategie zu sein.

Ein Problem ist, dass sich viele Unternehmen auf virales Marketing versteifen. Oft fehlt ihnen der Mut oder sie kreieren Kampagnen, die im Endeffekt konträr zur Firmenphilosophie oder der Vision sind, für die das Unternehmen steht. Es werden Werte vermittelt, die nicht ansatzweise gelebt werden. Egal, denn es zählt nur, dass es irgendwie viral verbreitet werden soll.

Man kann eine virale Marketing-Kampagne nicht wirklich planen und selbst, wenn es funktioniert und eine Kampagne sich wie ein Virus verbreitet, ist es fast unmöglich ihre Auswirkungen zu messen. Wie es scheint, ist der stetig wachsende Trend nach Likes und Klicks und das Hinterherrennen und Kopieren der Wettbewerber von größerem Interesse. Denn Zahlen und Bestätigung sind hier wichtiger als die Menschen, die ihre Produkte kaufen oder ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen, sie rücken bei der Planung oftmals in den Hintergrund.

Nehmen wir zum Beispiel das momentan durch sämtlichen Social-Media geisternde Video von Edeka “Supergeil”. Es hat für nette Unterhaltung gesorgt, doch mein Kaufverhalten oder das meiner Kollegen wurde in keinster Weise davon beeinflusst oder verändert. Deines etwa?

Man kann sich nun darüber streiten, ob das Video und somit die Marke Edeka eine positive Assoziation in meinem Unterbewusstsein hinterlassen hat. Dann könnte ich aber im Gegenzug behaupten, dass es lediglich das schlechte virale Edeka Rap-Video aus dem Jahr 2012 neutralisiert hat, welches mich auch wiederum nicht dazu gebracht hat, die Supermarktkette in den letzten Monaten bishin zum aktuellen Video zu boykottieren.

Oder die virale Kampagne irgendeines Katzenstreuherstellers, der uns aus der Sicht unserer geliebten Vierbeiner mit schönen Tieraufnahmen das Verhalten der Menschen erklärt. Kaufe ich deshalb dieses Katzenstreu?

Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht an den emotionsvollen oder lustigen Videos, die sich auf den Social-Media Kanälen rumtummeln, erfreue und es fühlt sich super an, wenn ein Video 100.000 oder sogar Millionen Mal gesehen wurde. Doch als Marketeer oder Unternehmer sollte ich mir die Frage stellen, warum mein Unternehmen das macht, was es macht. Wenn ich eine Kampagne erstelle, wie viele Neukunden habe ich damit erreicht oder habe ich etwas Sinnvolles kreiert, hat es einen größeren Wert für meine Kunden als für mein Unternehmen? Was hilft mir eine weltweit virale Kampagne, bei der ich mir nicht einmal das Unternehmen merken kann und ich mein Katzenstreu weiterhin nach Empfehlung oder Gewohnheit kaufe oder sich im Folgemonat niemand an meine Kampagne erinnert, da sich mittlerweile das nächste “must-see” — Video auf den sozialen Kanälen vervielfacht.

Warum hören wir nicht einmal auf zu schreien, fangen an zuzuhören und suchen die Konversation. Wieviele auf schwäbisch übersetzte Filmausschnitte, die ein Produkt vermitteln und “Ich-überrasche-dich-am-Flughafen-und-schenke-dir-mein-Produkt” — Videos braucht die Menschheit? In einer Welt, die so laut geworden ist, wir von einer zur anderen viralen Kampagne gehetzt werden und von Kurzlebigkeit geprägt sind, arbeiten wir täglich daran, für unsere Kunden Mehrwerte zu kreieren und das herauszuarbeiten, was sie einzigartig macht. Wir versuchen, Menschen zu verbinden, etwas zu kreieren, das zum Denken anregt oder das Leben etwas vereinfachen kann, ob analog oder digital — falls es sich dann noch wie ein Virus verbreitet, ist es ein zusätzlicher Gewinn.

Default snackbar message!